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  • Alumni-Karrierewege
Vorhang auf für Ihre Karriere!

Alumni als Interviewpartner:innen gesucht!

Wir suchen Absolvent:innen der Vetmeduni, die über ihren Karriereweg berichten. Verraten Sie uns in einem Interview mehr über Ihren Berufseinstieg, Ihre Stationen, Ihre (Um)Wege und Ihre Motivation. Unsere Studierenden und Leser:innen freuen sich, wenn Sie uns teilhaben lassen an Ihren Erfahrungen. 

Ihnen fällt ein tolles Vorbild aus Ihrer beruflichen Laufbahn ein? Schreiben Sie uns, wer Sie inspiriert hat und schlagen Sie Ihr Role Model für ein Interview vor.

Wir freuen uns von Ihnen zu hören!

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Unsere Alumni im Gespräch:

Andreas Meißl - Vom Mechaniker zum Tierarzt

Andreas Meißl ist mit dreißig in seine Heimatgemeinde in Kärnten zurückgekehrt und arbeitet seit Ende 2022 gemeinsam mit seiner Partnerin als Ortstierarzt und in fahrender Praxis. Im Lavanttal herrscht noch kein Mangel an Veterinär:innen. An der Geflügelpraxis bereiten ihm die detektivischen Züge gelungener Bestandsbetreuung Freude.

Steckbrief:

  • FACHGEBIET:  Geflügel
  • POSITIONSBESCHREIBUNG: Tierarztpraxis und fahrender Tierarzt
  • DERZEITIGER STANDORT: St. Andrä im Lavanttal/Kärnten

Wordrap:

  • Ich war an der Vetmeduni ... von 2013 bis 2019
    Mein Tipp an Absolvent:innen der Vetmeduni ... Sich nicht unter Wert verkaufen, aber das ist heute den meisten ohnehin klar. Den Mut haben, Sachen anzugehen, verschiedene Fachbereiche auszuprobieren bis man den richtigen Bereich gefunden hat. Man muss nicht dort verharren, wo man geglaubt hat, hinzugehören.
  • Mein Lieblingsort an der Vetmeduni  ... waren die ÖH-Bar und der Sportplatz

Lesen Sie das gesamte Interview weiter unten - bitte ausklappen.

Beschreiben Sie uns einmal Ihren Heimatort St. Andrä im Lavanttal. Wer sind Ihre tierischen und menschlichen Kunden und Kundinnen?

Andreas Meißl: St. Andrä ist eine Gemeinde mit rund 9.800 Einwohner:innen im Kärtner Bezirk Wolfsberg. Sie liegt in einem mittelbreiten Tal umgeben von Gebirge. Es wird viel Ackerbau betrieben, es gibt aber auch Geflügel-, Rinder- und Schweinebauern und -bäuerinnen. Meine Partnerin und ich führen die Praxis zu zweit. Wir betreuen Kleintiere im Ort wie eine Art Hausarzt. Ihr Spezialgebiet sind Rinder. Ich bin als Geflügeltierarzt im ganzen Bezirk von Lavamünd bis Reichenfels unterwegs und teilweise auch bis nach Mittelkärnten.

 

Sie wollten immer Tierarzt werden, haben davor aber einige Umwege genommen. Wie haben Sie Ihren Traumberuf letztlich verwirklicht?

Meißl: Ich habe die Hauptschule besucht und dann eine landwirtschaftliche Fachschule. Anschließend habe ich eine Mechanikerlehre mit Matura gemacht. Ich war Lehrling in einer Baufirma und habe Bagger, LKW, Autos, Straßenwalzen und Schubraupen repariert. In der Maturaschule habe ich mich einmal in der Woche auf meine Berufsreifeprüfung vorbereitet. Ich habe die für das Veterinärmedizinstudium verpflichtende Biologieprüfung abgelegt. Auch das Latinum habe ich nachgeholt. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und wurde bei meiner ersten Bewerbung angenommen. Am 9.September 2013 habe ich die E-Mail-Bestätigung meiner Aufnahme auf die Vetmed Uni bekommen und eine Woche später saß ich im Hörsaal für den Physik-Auffrischungskurs. Ich hatte mir also ein Ziel gesetzt und habe auch Glück gehabt.

 

Hatten Sie Vorbilder in dem Beruf?

Meißl: Als ich ein Kind war, hatten meine Eltern einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchkühen, Puten und Direktvermarktung von Brot, Käse, Topfen und Eiern.  Dadurch habe ich immer wieder Tierarzt-Kollegen:innen bei der Arbeit in unserem Betrieb gesehen und war davon immer sehr beeindruckt.

 

Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus? Oder gibt es den gar nicht?

Meißl: Ein bissel Routine haben wir schon. Gerade die Geflügel-Bestandsbetreuung ist gut planbar. In der Rinderpraxis weiß man morgens manchmal nicht, wann der Tag enden wird und wie (lacht). Wir starten um 7:30 Uhr morgens, außer es ist bereits früher ein Notfall. Unter der Woche sind wir immer erreichbar und am Wochenende sind wir im Notdienstrad im Bezirk, also alle vier Wochen in Bereitschaft. Das funktioniert ausgezeichnet, da wir mit den Kollegen:innen im Bezirk sehr gut vernetzt sind.

 

Nach weiteren Stationen, über die wir noch sprechen werden, sind Sie in den Heimatort zurückgekehrt. Was haben Sie vorgefunden?

Meißl: Wir haben das schon etwas vorbereitet, da es immer mein Ziel war nach Kärnten zurückzukommen.

Die Einliegerwohnung im Elternhaus haben wir noch während des Studiums fertig gebaut. Ich wohne jetzt wieder direkt am Betrieb und habe für die Praxis 2022 ein Nebengebäude umgebaut. Das waren intensive Jahre, aber jetzt ist alles fertig. 

 

Hat Sie das Studium gut auf eine eigene Praxis vorbereitet, auch im kaufmännischen Sinn?

Meißl: Man muss ein Generalist sein. Für Schweine und Geflügel wurden wir sehr gut vorbereitet, für andere Bereiche habe ich zu Beginn dazulernen müssen, damit ich fit werde als selbständiger Tierarzt. Im Nutztierbereich bin ich firm und sicher. Bei Pferden und Kleintieren kann ich mich und meine fachlichen Grenzen gut einschätzen – da überweise ich wenn nötig an spezialisierte Kolleg:innen weiter. Als Selbstständiger braucht man sehr viel Buchhaltung, Kostenrechnung und BWL.  Die Uni gibt uns diesbezüglich leider sehr wenig Wissen mit auf den Weg. Durch meine Lehre und die Fachschule konnte ich in diesen Bereichen wesentlich mehr profitieren. Damals ist es mir langweilig und unnötig vorgekommen, aber es hat sich gezeigt: Man kann alles, was man gelernt hat, irgendwann einmal brauchen.

 

Welche Stationen und Praktika sind Ihnen besonders hängengeblieben – welche Erfahrungen waren neben dem Studium relevant?

Meißl: Besonders lehrreich war meine klinische Rotation an der Universität München, die ich während meines Studiums absolviert habe. Auch das Praktikum in einer Tierarztpraxis in Norddeutschland, welche auf Geflügelmedizin spezialisiert ist, war sehr eindrucksvoll. Sie betreut so viele Hühner, wie in ganz Österreich produziert werden. Für meine zukünftige Arbeit als Geflügeltierarzt habe ich davon enorm profitiert.

Im Bereich der Rindermedizin habe ich handwerklich viel in einem Praktikum bei Dr. Franz Schlederer gelernt. Auch während meines Wehrdienstes konnte ich als Heerestierarzt bei den Rottweilern in Kaisersteinbruch im Burgenland wertvolle Erfahrungen sammeln. Nach Abschluss meines Studiums war ich angestellt bei einem Kärntner Kollegen im Bereich der Geflügelmedizin und anschließend noch zwei Jahre in einer Tierklinik in Tirol tätig.

 

Was gefällt Ihnen an der Geflügelpraxis?

Meißl: An der Geflügelpraxis gefällt mir vor allem die Bestandsbetreuung – in meinem Fall meist Hühner, Enten und Gänse.  Dabei geht es nicht nur darum die Bestände gesund zu erhalten, sondern auch ihre Leistung zu verbessern. Wenn Probleme auftreten, ist die Diagnosefindung eine nahezu detektivische Aufgabe, bei der die Betrachtung eines Gesamtbildes – Stallklima, Lüftungsanlage, Temperatur, Fütterung etc. – eine wesentliche Rolle spielt.

 

Wie sieht es mit der Work-Life Balance aus, gerade weil Sie als Paar in der gleichen Praxis arbeiten? Wie ergänzen Sie sich?

Meißl: Da meine Partnerin und ich gemeinsam tätig sind, können wir unser Praxisgebiet zur Zufriedenheit unserer Kunden abdecken. Allein wäre dies sicher schwer möglich.  Wir haben zwei ausgestattete Praxisautos, mit denen wir unsere Patienten auch an weit entfernten Orten betreuen können. Die Kleintierordination machen wir meistens gemeinsam, ebenso große Operationen. Es ist schön und eine Bereicherung, wenn man einen Austausch bei der Arbeit hat. Natürlich ist man als Selbstständiger selbst und ständig bei der Arbeit, jedoch können wir uns durch die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen:innen im Bezirk auch unsere freien Tage herausnehmen.

 

Im Bezirksblatt ist zum heimgekehrten Sohn der Gemeinde gleich ein Bericht erschienen – wie war es zur Nachricht zu werden?

Meißl: Spannend! In den Medien kommt nicht immer genau das an, was man meint. Einige Folgeberichte waren teilweise falsch. Es ist für mich völlig neu, dass mich plötzlich mehr Leute kennen – daran muss ich mich erst gewöhnen.

 

Welchen Rat geben Sie Studierenden?

Meißl: Sich nicht verrückt machen lassen und auf das Feiern und die Freude nicht vergessen. Die interessantesten Möglichkeiten fürs Leben ergeben sich nicht im Hörsaal. Türen gehen sowohl in Fortbildungen als auch bei Praktika auf, wenn man dafür offen ist und mit den Leuten redet.

 

Was ist Ihre Devise – worauf können sich Ihre Kund:innen verlassen?

Meißl: Wenn ich sage, dass ich erreichbar bin, dann bin ich das auch. Ich bin stets zuverlässig und freundlich und nehme mir für die Patienten und Patientinnen ausreichend Zeit.

(Das Interview hat Astrid Kuffner geführt. Stand Q4/2023)

Andreas Pichlmair - Professor für Virologie an der School of Medicine der TU München

Andreas Pichlmair ist Professor für Virologie an der School of Medicine der TU München und Leiter der Massenspektrometrie Core Facility. Aus seiner Ausbildung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat er sich den Blick für den Gesamtorganismus bewahrt, auch wenn er heute die Interaktion zwischen Virus und Wirt im Zellmodell untersucht. Ziel seiner Grundlagenforschung ist, den Krankheitsverlauf und seine Treiber auf der Ebene der Proteinregulation zu verstehen.

Steckbrief:

  • FACHGEBIET:  Virologie
  • POSITIONSBESCHREIBUNG: Professor für Virologie und Leiter der Massensprektrometrie Core Facility an der School of Medicine der TU München 
  • DERZEITIGER STANDORT: München (Deutschland)

Wordrap:

  • Ich war an der Vetmeduni ... von 1996 bis zum Doktorat 2003
    Mein Tipp an Absolvent:innen der Vetmeduni ... Wenn man sich für etwas interessiert, schafft man alles. Das trägt einen sehr und lange. Ein Ziel vor Augen haben und dafür die nächsten weiteren Schritte kennen.
  • Mein Lieblingsort an der Vetmeduni  ... das Labor der Virologie und die ÖH-Bar.

Lesen Sie das gesamte Interview weiter unten - bitte ausklappen.

Was hat Sie an die Vetmeduni geführt? Ein klassischer Tierarzt sind Sie nicht geworden. War das einmal ein Ziel?

Andreas Pichlmair: Eigentlich wollte ich Tierarzt werden, seit ich fünf Jahre alt war. Mein Vater war ein Großtierarzt mit eigener Praxis in Oberzeiring, einem Dorf in der Obersteiermark. Den Beruf fand ich schön und faszinierend. Vor allem, wie neues Leben entsteht, hat mich gefesselt. Alles, was mit Zucht, Reproduktionsmedizin und Geburten zu tun hat, aber auch Erkrankungen. Als ich mit dem Studium begann, wurde das Schaf Dolly kloniert. Ich bin an die Uni gegangen mit der Perspektive eine gewisse Zeit zu bleiben und zu forschen, hätte aber nie gedacht, dass ich einmal Professor an einer medizinischen Fakultät werde. Im Curriculum der Vetmeduni bin ich an den vorklinischen Fächern, insbesondere an der Virologie, hängengeblieben.

 

Was hat Sie geprägt in dem Umfeld? Woran merken Sie das heute noch?

Pichlmair: Der Blickwinkel auf Erkrankungen aus einer medizinischen Fachrichtung hat mich geprägt. Es haben sich in der Veterinärmedizin nicht viele Studierende auf Virologie und Infektionsmedizin spezialisiert. Ich habe mit diesem Interesse am Campus gleichsam offene Türen eingerannt und viel Unterstützung bekommen. Das hat mich bestärkt im Karriereweg. Für die Unterstützung einzelner Professoren bin ich nach wie vor sehr dankbar.

 

Was hat Sie an der Virologie so gepackt und wie kam es zu der weiteren Spezialisierung?

Pichlmair: Wenn man die Faszination für die Sache spürt, ergeben sich die Wege. Viren sind sehr kleine Pathogene mit wenigen Genen, die enorme Auswirkungen auf den Gesamtorganismus haben. Wie kann ein Organismus mit so limitierter Codierungskapazität menschliche Zellen mit 20.000 Genen infizieren und die Strukturen zur Reproduktion kapern? Diese Beziehung und Interaktion sind hoch interessant und unzureichend verstanden. Kommt es zu einer Infektion oder nicht? Erholt sich der Wirt oder verschlimmert sich das Krankheitsbild? Was sind die Determinanten eines negativen Krankheitsverlaufes? Wir sehen uns das heute auf Ebene der Proteinexpression in den Zellen an (Proteomics). Es ist ein komplexes Themengebiet, das die Erfahrungen aus meinen verschiedenen Wirkungsstätten vereint.

 

Wie Sie nach Wien kamen, haben wir besprochen. Aber wie ging es weiter mit dem Doktorat am Department für Virologie der Universität Freiburg (2002) und zum PhD bei Cancer Research UK in London (2004)?

Pichlmair: An der Vetmeduni haben wir mit retroviralen Vektoren für den Gentransfer gearbeitet, um Therapien zu entwickeln. Beim Wechsel nach Freiburg habe ich als erster aufgezeigt, als jemand gesucht wurde, der ins dortige Virologie-Labor gehen möchte. Die renommierte Uniklinik dort brachte den Wechsel in die Humanmedizin und zur Interaktion von Eiweißmolekülen mit durch Luft übertragene Erreger wie Influenza, die für Mensch und Tier wichtig sind. Es gar nicht einfach, die kritischen Meilensteine auf dem Karriereweg festzumachen. Es war wohl letztlich genauso wichtig Studienassistent zu sein, wie sich um die Professur zu bewerben.

 

Sie leiten die Massenspektrometrie Core Facility an der TU München. Wann und wie ist diese Technologie in ihr Leben getreten?

Pichlmair: Für den PhD bin ich nach London gegangen und habe dort v.a. am angeborenen Immunsystem gearbeitet. Danach stellte sich die Frage welche komplementären Technologien sich dazu eignen die Forschung am Gebiet weiterzubringen. Ich hatte das Glück, Giulio Superti-Furga kennenzulernen, der mich ans Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) in Wien geholt hat. Dort haben wir die Proteomik in Zellen mit Massenspektrometrie erforscht. Ein fantastisches Tool, um Proteine zu identifizieren, dabei auch geeignet, neue molekulare Mechanismen zu entdecken, die nicht auf der Hand liegen. Es gibt Leute, die sagen, dass man mit den -omics-Technologien hypothesenfrei arbeiten kann. Das sehe ich nicht so. Wir hatten klare Vorstellungen, was wir identifizieren wollen, und welche wichtigen Fragen wir mit dieser Technologie beantworten möchten. Die Massenspektrometrie erlaubt Einblick in ein größeres Bild, aber man braucht schon eine konkrete Vorstellung, was dort zu sehen sein kann.

 

Wie hat Sie die Ausbildung an der Vetmeduni auf ihr aktuelles Arbeitsgebiet vorbereitet?

Pichlmair: Ich glaube, man brauchte ein Fundament, auf das man aufbaut. Bei mir ist es das Verständnis für den Organismus und physiologische Vorgänge im Körper. Auch wenn wir heute an kleinen Molekülen arbeiten steht immer die Frage dahinter, wie sich das auf den Organismus und das Krankheitsgeschehen auswirkt.

 

Ist die Leitung der Core Facility vor allem eine Frage der Administration, oder sind Sie über die Methodik in ganz viele Fragestellungen eingebunden?

Pichlmair: Wir haben am CeMM rasch das Potenzial der Proteomics gesehen. Dieses Know-how habe ich dann am Max-Planck-Institut für Biochemie erweitert. Als ich den Ruf an die TU München bekommen habe, war eines der Ziele, dass wir den Bereich hier aufbauen und der lokalen Forschungslandschaft zur Verfügung stellen. Die Facility selbst bedeutet natürlich einiges an Administration. Wir sind neben unseren eigenen Projekten unterschiedlich stark involviert, teilweise nur als Dienstleister aber auch als aktive Kollaborationspartner. In der Wissenschaft sind wir keine Einzelkämpfer – die Core Facility ist ein Paradebeispiel dafür. Der Großteil meiner Arbeitszeit fließt aber in eigene Forschung und natürlich die Lehre. Ich unterrichte Virologie an der School for Life Sciences. Wir gewinnen dort auch Studierende, die bei uns mitarbeiten wollen und ich sehe es als eine meiner Aufgaben, ihre Karrierewege zu unterstützen. Im Hinterkopf habe ich oft, wie wichtig es für mich war Unterstützung in dieser Phase meiner Ausbildung zu bekommen, um das umzusetzen, was ich als wichtig erachtet habe.

 

Wir haben noch nicht über Ihre aktuelle Forschung geredet. Sie haben nach einem Consolidator Grant 2018 im Jahr 2022 einen Proof of Concept Grant des European Research Council zugesprochen bekommen. Was ist das Thema dieser Grundlagenforschung?

Pichlmair: Viren infizieren Zellen und bauen ihre Strukturen stark um, um sie zur eigenen Vermehrung verwenden können. Unter anderem ist die Proteinsynthese wichtig und wir sehen uns in vereinfachten zellulären Modellen an, welche Effekte Viren auf die Eiweißmoleküle in der Zelle haben. Welche Signalwege sich verändern oder welche Gegenmaßnahmen die Zelle trifft, um die virale Infektion zu unterbinden. Die Protein-Abundanz, also die Häufigkeit und Dichte sowie ihre Stabilität kann man nur mit Massenspektrometrie charakterisieren. Wir beobachten auf dieser Ebene wichtige regulatorische Mechanismen, die noch nicht gut verstanden sind.

Eine Virusinfektion induziert eine Fülle komplexer Prozesse, die wir im Modell aufzuklären versuchen. Validiert werden sie in komplexeren Experimenten in Patient:innen oder Tiermodellen. Ein Gesamtbild der realen Vorgänge werden wir in unserer Lebenszeit vermutlich nicht gänzlich erforschen können. Wir konzentrieren uns auf Aspekte, die man charakterisieren kann und die einen therapeutischen oder diagnostischen Nutzen haben können. Wir müssen das reduzieren und dabei nicht vergessen, dass es nur ein Teil des Bildes ist. So versuchen wir den großen Graben zwischen Anwendung und Forschung zu überbrücken.

 

Was vermissen Sie an Österreich, seit Sie den Lebensmittelpunkt nach München verlegt haben?

Pichlmair: Der Schmäh geht mir etwas ab. Das ist schon etwas Besonderes an der österreichischen Mentalität: der leichtere, lockere Umgang mit schweren Sachen. Vielleicht gründe ich hier noch eine Core Facility für Schmäh.

 

(Das Interview hat Astrid Kuffner geführt. Stand Q4/2023)

Veterinärmedizinerin Barbara Forstner - die vielseitige Tierärztin

Barbara Forstner behandelt Haustiere, Nutztiere und wilde Tiere gleichermaßen. Neben der eigenen Gemischtpraxis ist sie zoologische Leiterin im Tierpark der Stadt Haag, in dem 700 Tiere leben, die 70 verschiedenen Arten angehören. Neben breiter medizinischer Erfahrung und Unerschrockenheit ist die Kunst der Improvisation eine wichtige Voraussetzung für die Zootierärztin. Dabei steht sie nicht an, ständig dazuzulernen.

Steckbrief:

  • FACHGEBIET:  Zootierärztin und Gemischtpraxis (in NÖ)
  • POSITIONSBESCHREIBUNG: Zoologische Leitung im Tierpark und fahrende Tierärztin mit eigener Praxis
  • DERZEITIGER STANDORT: Stadt Haag in Niederösterreich

Wordrap:

  • Ich war an der Vetmeduni ... von 2013 bis 2020
    Mein Tipp an Absolvent:innen der Vetmeduni ... Bei jeder Möglichkeit „Ja“ sagen. Auch zu unmöglichen Zeiten, weil nur da etwas sieht man was. Nur dann ist Not am Mann, man darf hingreifen, lernt die Handgriffe. Es ist sowieso kein Job, den man zwischen 8 und 15 Uhr lernt oder ausübt.
  • Mein Lieblingsort an der Vetmeduni  ... war der Botansiche Garten am Campus der Vetmeduni.

Lesen Sie das gesamte Interview weiter unten - bitte ausklappen (Stand 2023).

Wollten Sie immer schon Tierärztin werden?

Barbara Forstner: Nein! Ich bin als Bücherwurm auf dem väterlichen Schweinemastbetrieb in Oberösterreich aufgewachsen. Meine Traumvorstellung war, Lektorin in einem Buchverlag zu werden, also fürs Bücherlesen bezahlt zu werden. Auf Wunsch meiner Eltern habe ich die HBLA Elmberg absolviert, aber auch sonst waren Tiere in meiner Kindheit und Jugend bei aller Bücherliebe permanente Begleiter. Ich habe Praktika auf einer Alm mit Milchkühen gemacht und war in Schweden auf einem Schafbetrieb. Zuhause ging es weiter. Keine Babykatzen im Bett zu haben, war die Ausnahme. Meine Mutter ist Lehrerin und ihr war wichtig uns Kindern Naturverbundenheit zu vermitteln. Sie hielt Hühner und Enten. Mein Vater war Jäger und brachte immer wieder verwaiste Rehkitze mit, die wir von Hand aufzogen. Wir hatten einen Hund und viel Platz, sodass wir – vom Wellensittich bis zum Aquarium – alle möglichen Tiere halten konnten. Ich durfte auf dem Nachbarhof reiten lernen und habe dort bald jede freie Minute mitgearbeitet. Inmitten dieser permanenten Praxiserfahrung mit ganz verschiedenen Tieren reifte der Wunsch mich hier weiterzubilden. Ich habe die Aufnahmeprüfung an der Vetmeduni beim ersten Antritt geschafft. Meine Eltern haben mich nur noch selten gesehen, weil ich nebenbei immer viel Praxis gesammelt habe. Mein Bruder hat dankenswerterweise den Betrieb übernommen. Und ich übe heute meinen Traumberuf aus.

 

Das ist bestimmt eine gute Vorbereitung gewesen. Im Tierpark der Stadt Haag leben ja Vögel, Fische, kleine und große, heimische und exotische Tiere, verschiedene Fleisch- und Pflanzenfresser. Was gehört als zoologische Leiterin des Tierparks zu Ihren Aufgaben?

Forstner: Wir sind insgesamt etwas über ein Dutzend Leute in der Tierpflege und Instandhaltung, also ein kleines Team. Daher ist jeder für alles zuständig. Die zoologische Leitung habe ich im Jänner 2023 als Nebentätigkeit auf Werkvertragsbasis übernommen. Die Stelle war ausgeschrieben und ich habe mich im Hearing unter rund 15 Bewerber:innen bewähren können. Als Zootierärztin ist man nicht Tierarzt von Zootieren, sondern Lebensraumgestalter für sehr viele Arten. Zuständig vom Management von Parasiten, bis zur Reproduktionsplanung, der Teilnahme an Arterhaltungsprogrammen mit der ganzen Dokumentation und Registrierung, Populationsmanagement, Zuchtplanung – das ist also ein sehr breites Spektrum. Auch die Entnahme für Tiere aus unserem Bestand, um sie zu verfüttern, gehört zu meinen Aufgaben.

 

Im Hauptberuf sind Sie fahrende Tierärztin mit eigener Praxis. Wie kam es dazu?

Forstner: Ich habe relativ rasch nach dem Studium mit 26 Jahren meine Praxis eröffnet. Davor habe ich bereits fünfeinhalb Jahre bei Karl Auinger in St. Valentin, der mein Vorgänger als zoologischer Leiter war, mitgearbeitet. Der war vom alten Schlag und hat mich in viele Behandlungen eingebunden: im Zoo und im Stall. Es gibt für mich nicht viel, was ich vorher noch nicht gesehen habe. Seit März 2021 bin ich selbständige Tierärztin in Stadt Haag. Das war eine „jetzt-oder-nie“- Geschichte. Das Praxisgebäude wurde nahe dem Tierpark gebaut und die Stadt Haag wollte eine Tierärztin/einen Tierarzt im Ort. Ich mache etwa auch die Fleischbeschau. Ich wollte das Geschäft zum Laufen bringen, bevor ich Kinder bekomme. Meine Tochter ist im Dezember 2022 auf die Welt gekommen.

 

Hat Sie die Uni gut auf ihre beiden Berufsfelder vorbereitet?

Forstner: Ich habe im Studium nicht das Wildlife und Conservation Management Modul belegt, aber ein halbes Jahr bei Thomas Voracek, dem Leiter der Zoodocs in Schönbrunn, mitgearbeitet. Ich habe stattdessen das Vertiefungsmodul Lebensmittelwissenschaften, öffentliches Veterinär- und Gesundheitswesen (LöVG) gemacht. Das kommt mir heute sehr entgegen, denn Bürokratie und Kontakt zum Amt sind Teil meines Arbeitslebens. Im Herbst 2023 hatten wir in der Region Vogelgrippe-Alarm. Wir haben alle unsere Vögel im Tierpark eingesperrt, aber wir haben etliche Wasserflächen, wo Wildvögel auch hinkommen. Berichtspflichten, Testungen und Sicherheitsauflagen für Mitarbeiter:innen zu erfüllen. Ich kann nur sagen: das Modul hat da nicht geschadet.   

 

Was war der aufregendste Notfall? Im Tierpark leben ja auch Löwe, Leopard, Tiger und Braunbär.

Forstner: Koliken oder Geburten, da wirst du als Tierärztin gerufen. Im Tierpark sind Notfälle nicht so häufig, vieles ist vorhersehbar. Manchmal gibt es hässliche Verletzungen. Der schönste Notfall, bei dem ich assistieren durfte, war ein Kaiserschnitt bei einer Leopardin - das war ein Nervenkitzel. Die Kleinen haben leider nicht überlebt, aber die Leopardin wurde wieder schwanger. Der springende Punkt ist: ich bin keine Fachtierärztin, sondern zuständig in Feld, Wald und Wiese – die Doktorin und das liebe Vieh. Als Zootierärztin muss ich flexibel sein und bin mit viel Herzblut dabei. Ich arbeite sehr breit und oft muss ich erfinderisch sein. Die Bedingungen und das Tier selbst bestimmen den Rahmen. Es gibt oft keine 0815-Medikation oder Verabreichungsform. Da muss ich herumprobieren. Neulich habe ich getrocknete Mangos, die meine Tochter dabeihatte, erfolgreich bei einem Nasenbären eingesetzt. Vor einiger Zeit haben wir im Blutbild einer alten Großkatze eine Entzündung gesehen und auf eine Pankreatitis getippt. Als wir sie narkotisiert hatten, sahen wir, dass sie eine Zahnwurzelbehandlung braucht. Da musste ich kreativ werden. Denn das ist nicht mein Spezialgebiet. Ich habe nur die 40 Minuten, wo sie gut schläft. Ich habe den abgebrochenen Zahn versorgt und kürettiert. Zudem kann ich postoperativ nicht täglich spülen und reinschauen. Es gab danach zum Glück keine Probleme. Manchmal brauchen wir Mut zur Lücke. Perfektion ist nicht immer möglich, aber ich bilde mich in verschiedenen Bereichen beständig weiter.

 

Neben dieser Beherztheit, Erfindungsgeist und Bescheidenheit brauchen Sie wohl auch scharfe Munition...

Forstner: Das Betäubungsgewehr ist wohl mein bester Freund im Umgang mit den Wildtieren und im täglichen Gebrauch. Die scharfe Waffe für Notfälle ist noch nie notwendig gewesen. Ich habe den Jagdschein und den Waffenschein in Wien während des Studiums gemacht

 

Was sehen Sie als bisherigen Erfolg – worauf sind Sie stolz?

Forstner: Ich freue mich, dass ich ein Superteam habe, auf das ich mich verlassen kann. Ich handle nach der Maxime, die ich im Studium auf einem Kongress der internationalen Vereinigung der Zootierärztinnen und -ärzte mitgenommen habe. Da waren einige Vortragende, die am Ende ihrer Fallpräsentationen eingestanden haben, dass man es sicher besser hätten machen können. Diese Zunft ist nicht abgehoben und meint nicht für alles die beste Lösung schon parat zu haben. Ich spreche also sehr viel mit umliegenden Tierärzten und Tierärztinnen und tausche mich auch mit Spezialist:innen über mögliche optimierbare Lösungen aus.

 

Wie sieht Ihr typischer Arbeitstag aus?

Forstner: Ich wecke meine Tochter, wir frühstücken und fahren in den Tierpark für die tägliche Rundfahrt.  Ich bin derzeit eineinhalb Stunden pro Tag in der Ordination. Wenn ich komplexe Eingriffe habe, übernehmen Oma oder Papa unsere Tochter. Der ehemalige zoologische Leiter ist mein Vertreter und wenn ich absehbar Fachexpertise brauche, ziehe ich Kolleg:innen hinzu.

Vetmeduni: Danke für das Gespräch!

 

(Das Interview hat Astrid Kuffner geführt.)